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DIE STADT TEILEN IM ZUHAUSE

Uli Nievelstein hat in Amerika, Singapur und Kenia gelebt – und in Mannheim seinen Traum verwirklicht: Einen ehemaligen Gemüseladen hat er zu einem urbanen Ort der Begegnung verwandelt. Im LUNI lösen sich die Grenzen zwischen Café, Bar, Restaurant, Ausstellungsraum und Kreativwerkstatt spielerisch auf – und Nachhaltigkeit ist hier kein Marketing, sondern eine Haltung.

Uli, Du bist gelernter Erzieher und Veranstaltungskaufmann, kommst ursprünglich aus Aachen, hast unter anderem in den USA, in Asien und in Afrika gelebt. In Mannheim hast Du Dir als Gastronom jetzt einen Traum verwirklicht. Was ist die Story dahinter?

Kurz nach meiner Rückkehr aus Kenia im Jahr 2017, hatte ich Lust, etwas ganz Neues zu starten. Als bei bei mir um die Ecke in der Seckenheimer Straße ein Gemüseladen leer stand, habe ich sofort angerufen – und 14 Tage später war schon der Pachtvertrag unterschrieben.

Hattest Du da schon das heutige LUNI-Konzept im Kopf?

Da ich ein notorischer Bastler bin, habe ich mir zunächst so eine Art Repair-Shop vorgestellt, kombiniert mit einem guten Kaffeeangebot und Snacks. Aber zuerst musste ich den Laden komplett renovieren. Insgesamt haben wir neun Tonnen Deckenmaterial herausgerissen und genießen heute eine Deckenhöhe von 4,50 Meter sowie eine riesige, wunderschöne Fensterfront, die der Vermieter spendiert hat. Im Prozess hat sich dann das LUNI-Konzept entwickelt.

Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein prägen das LUNI-Konzept. Viele Gastronomen schreiben sich das auf die Fahne, aber wie setzt man das richtig um?

Man muss da grundsätzlich rangehen und nach dem Trial & Error-Prinzip alles ausprobieren. Zu Beginn habe ich mich intensiv mit Biogasanlagen und effizienten Wärmetauschsystemen beschäftigt, heute geht es mir beim Thema Nachhaltigkeit darum, was wir im Tagesgeschäft konkret verändern können. Im LUNI findest Du beispielsweise so gut wie keine Wegwerfartikel, falls doch sind diese aus nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen. Dabei versuchen wir Verschwendung und Umweltbelastungen bestmöglich zu vermeiden: das fängt bei der Verwendung von waschbaren Stoffservietten an, und hört bei unserer strikten Mülltrennung auf. Auch kleine Veränderungen machen für uns einen Unterschied, daher schmelzen wir beispielsweise das Wachs heruntergebrannter Kerzen ein und verwenden es wieder.

„Mannheim hat unheimlich viel Dynamik und Kreativität – die Stadt ist für ihre Größe sehr lebendig und aufregend“

Uli Nievelstein

 

Und wie setzt Ihr das Konzept in der Küche um?

Wir nutzen ausschließlich Fairtrade-Kaffee, den wir vom Mannheimer Coffee Consulate beziehen. Unsere Lebensmittel und Produkte sind weitestgehend bio, saisonal und regional. Gerade im Frühjahr und Sommer gelingt uns das bereits zu 70 bis 90 Prozent. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass wir diese hohe Quote über den Winter (noch) nicht ganz erreichen können, wenn wir unseren Gästen mit abwechslungsreichen regionalen Gerichten Freude bereiten wollen.

Was bedeutet Dir Mannheim?

Meine Familie zog damals wegen des neuen Jobs meines Vaters nach Mannheim und ich habe über die Jahre in Mannheim meine „Base“ gefunden. Egal wo es mich auf Reisen hin verschlägt oder wie lange ich im Ausland gelebt habe – es zieht mich immer wieder nach Mannheim zurück. Warum? Mannheim ist eine ehrliche Stadt, schön und nicht schön, rund und eckig – eine echte Charakterstadt. Für mich hat Mannheim die richtige Größe: nicht zu klein, aber auch nicht zu groß, um sich in der Anonymität einer Metropole zu verlieren. Die Stadt hat unheimlich viel Dynamik und Kreativität – sie ist für ihre Größe sehr lebendig und aufregend. Gleichzeitig genießen wir dank der Rheinebene ein außergewöhnlich mildes Klima.

 

Auf Eurer Webseite beschreibt Ihr die LUNI-Philosophie als „Die Stadt teilen im Zuhause“. Wie ist das gemeint?

Im LUNI ist viel Platz für kreative Ideen: Wir wollen den Raum zu einem Zuhause machen und bieten hier einen offenen Werkraum für kleine Handgriffe, große Ideen und freie Fahrt für Kunst im Wechsel.

Ist die Werkstatt im LUNI also keine Deko, sondern voll nutzbar?

Die Werkstatt ist tatsächlich voll nutzbar und Leute mit spannenden Konzepten sind jederzeit willkommen. Amy Elizabeth Jarrett beispielsweise ist eine Musikerin und Künstlerin, die hier ein halbes Jahr lang Upcyling-Mode produziert hat. Aktuell sind wir auf der Suchen nach Leuten mit neuen guten Ideen – und da ist alles möglich und denkbar: Egal, ob Fahrradwerkstatt, Gitarrenunterricht, Tiny Desk-Konzerte am Wochenende – wir bieten hier allen Kreativen Platz zum Ausprobieren und Rumspinnen.

 

Das LUNI ist also nicht nur ein Restaurant, ein Café und eine Werkstatt – sondern auch ein Showroom?

Ja, denn wir pflegen hier eine Partnerschaft mit dem Mannheimer Einrichtungshaus Zeilfelder. Alle Möbelstücke sind individuell ausgesucht und können bei Interesse auch käuflich erworben werden. Außerdem schmücken wechselnde Ausstellungen regionaler Künstler die Wände des LUNI: aktuell ist es Max Heckmann mit seinen Fotografien. Als nächstes wird die Künsterin Anna Baer aus Heidelberg bei uns ausstellen. Generell folgt unsere Einrichtung einem sehr bunt gemischten modularen Konzept. Alle Thekenelemente beispielsweise sind mobil – alles kann jederzeit verändert und nach Bedarf angepasst werden.

Wenn Du mal gerade nicht im LUNI bist. Hast Du einen Lieblingsort in Mannheim und wenn ja: was ist die Story dazu?

Wenn ich nicht im LUNI bin, verbringe ich meine Zeit am liebsten draußen in der Natur. Obwohl Mannheim früher als „Industriestadt“ wahrgenommen worden ist, ist sie dennoch sehr grün und die vielen umliegenden Wälder, die weiten Felder und die belebte Neckarwiese schätze ich sehr. Gleichzeitig steht dies im Kontrast zu BASF, Containerhafen und Co. – wodurch eine ganz eigene Industrieromantik entsteht, die ich sehr mag. Daneben genieße ich die Zeit bei meinen Gastro-Kollegen oder bei kulturellen Veranstaltungen wie Konzerten, Theateraufführungen und Ausstellungen.

https://www.luni-mannheim.de

LUNI

Seckenheimer Straße 34a / 68165 Mannheim

Interview: Ralf Laubscher / LA.MAG

Fotos: LUNI