NEU IN MANNHEIM – VIOLIN-PROFESSORIN ELENA GRAF
Im April haben Sie in Mannheim ihr Antrittskonzert gespielt. Wie hat sich das angefühlt?
Das war sehr schön und ein besonderer Moment, denn mit diesem Konzert hat für mich ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Im Zeughaus der Reiss-Engelhorn-Museen wurde mir ein sehr herzlicher Empfang bereitet. Meine neuen Kolleginnen und Kollegen waren da, meine Familie und auch viele Studierende. Zum ersten Mal war ich außerhalb der Hochschule in Mannheim unterwegs – und auf dem Weg zum Konzertsaal bin ich zum ersten Mal am Barockschloss vorbeikommen…
.. und haben vermutlich daran gedacht, dass Mozart hier in der Schlosskirche spielte und das Hoforchester Carl Theodors hier die Mannheimer Schule gründete?
Ja, das wusste ich bereits – aber tatsächlich habe ich erst jetzt erfahren, dass Mannheim auch aufgrund dieser Musiktradition eine UNESCO City Of Music ist. Ich finde es sehr spannend, wie intensiv diese Beziehung der Stadt zur Musik ist.

Violinist Elena Graf mit „Tullaye“ – eine Geige von Stradivari aus dem Jahr 1669
Sie sind in Frankfurt geboren, haben unter anderem in Freiburg, Frankfurt und München studiert. Sie konzertieren als vielfach preisgekrönte Geigerin mit Orchestern im In- und Ausland und sind Konzertmeisterin an der Staatsoper Stuttgart. Warum nun der Wechsel nach Mannheim?
Ich liebe die Abwechslung im Leben. Es gab bisher verschiedene Phasen in meinem künstlerischen Werdegang. Im Studium war der Schwerpunkt beim solistischen Repertoire mit Wettbewerben. Die Kammermusik war immer ein wichtiger Teil meines Lebens und wird es auch immer bleiben. Später kam das Spielen in der Oper als 1. Konzertmeisterin hinzu. An Musikhochschulen habe ich bisher auch Erfahrungen gesammelt. Als sich jetzt die Chance ergab, in der Nähe meiner Wahlheimat Stuttgart eine Professur anzunehmen, war der Zeitpunkt dafür ideal.
Haben Sie sich beworben – oder wurden Sie umworben?
Normalerweise bewirbt man sich ja auf eine Professur und wird mit viel Glück zu einem Vorstellungsverfahren eingeladen. In meinem Fall war es so, dass ich letztes Jahr während eines Urlaubs in Südtirol eine Mail vom Präsidium erhielt mit der Frage, ob ich an diesem Bewerbungsverfahren wenige Wochen später teilnehmen wollen würde. Über dieses Angebot habe ich mich sehr gefreut und zugesagt. Und jetzt bin ich hier in Mannheim …


„Mannheim hat eine Top-Verkehrsanbindung… und liegt quasi immer auf dem Weg – egal wohin man in Deutschland unterwegs ist.“
Elena Graf
Was wussten Sie zu diesem Zeitpunkt über Mannheim?
Ich kannte Mannheim bis vor kurzem nur von Konzerten wie beispielsweise im Rosengarten, ansonsten von der Durchreise mit dem ICE. Also wusste ich immerhin schon mal: Mannheim hat eine Top-Verkehrsanbindung, ist per Bahn nur 37 Minuten von Stuttgart entfernt und liegt quasi immer auf dem Weg – egal wohin man in Deutschland unterwegs ist.
Und jetzt pendeln Sie von Stuttgart nach Mannheim und zurück?
Bei meinem Vorstellungsgespräch wurde ich gefragt, ob ich nach Mannheim ziehen würde. Das ist denkbar, aber aktuell nicht machbar, denn gerade habe ich mit meiner Familie in Stuttgart ein Haus frisch bezogen – und die Großeltern leben um die Ecke, was für unsere beiden Kinder sehr wichtig ist. Ich möchte jetzt erst mal richtig in Mannheim ankommen und mich hier an der Hochschule einleben – und dann sehen wir weiter.

„Eine ideale Stadt zum Leben hat viel Grün, und die Landschaft drumherum muss schön sein. Beides hat Mannheim zu bieten, das habe ich schon festgestellt.“
Elena Graf
Was kann die Stadt bieten, um Sie in Zukunft zu einer Mannheimerin zu machen?
Eine ideale Stadt zum Leben hat viel Grün, und die Landschaft drumherum muss schön sein. Beides hat Mannheim zu bieten, das habe ich schon festgestellt. Wichtig finde ich persönlich ein großes Kulturangebot mit Konzerten und Theater – vor allem auch für Kinder. Auch das ist hier gegeben und noch dazu sind die Wohnkosten niedriger als beispielsweise in Stuttgart, das ist natürlich auch ein großer Vorteil. Ich bin jetzt in Mannheim unbefristet angestellt und demnächst verbeamtet auf Lebenszeit. Jetzt freue ich mich aber erst mal, mehr über die Stadt zu erfahren, wenn ich ab Oktober hier Vollzeit unterrichte.


Wie wird sich dann Ihr musikalisches Leben verändern?
Zuletzt war mein Leben als Geigerin und als Konzertmeisterin an der Staatsoper Stuttgart neben der Hochschultätigkeit sehr bewegt. In Mannheim kann ich mich nun auf die Lehre fokussieren und weiterhin ausgewählte Konzerte spielen.
Auf was freuen Sie sich besonders?
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie entscheidend es ist, wen man als Professorin oder Professor hat. Ich hatte zum Glück sehr gute Professoren in Freiburg, München, Berlin und Frankfurt. Nun möchte ich mein Wissen und meine Erfahrung in Mannheim an junge Musikerinnen und Musiker weitergeben.

Wie gestalten Sie Ihre Professur?
Studierende im Hauptfach erhalten von mir Einzelunterricht. Das ist an allen Musikhochschulen ein echter Luxus. Aber im Prinzip geht es auch gar nicht anders, wenn man sich musikalisch entwickeln will. Mein Unterricht ist sehr individuell auf jeden einzelnen angepasst. Man hilft den Studierenden sich auf die Prüfungen und Probespiele und auf das Musikerleben vorzubereiten und ihr eigener Lehrer zu werden. Denn als Musiker hat man nie ausgelernt.
Was ist Ihr Eindruck von den Studierenden der Mannheimer Musikhochschule ?
Die Studierenden sucht man sich selbst aus, beziehungswiese die Studierenden suchen sich ihren Professorinnen oder Professoren aus. Da muss von beiden Seiten die Chemie stimmen, weil es ein sehr persönlicher 1-zu-1-Unterricht ist. Man verbringt drei bis fünf Jahre jede Woche Zeit mit den Studierenden. Da ist es sehr wichtig, dass man sich gut versteht. Die Bachelor- und Masterstudierenden hier sind übrigens zwischen 18 bis 28 Jahre alt und sehr international. Einige Jungstudierende sind auch in meiner Klasse. Sie sind sehr begabte Teenager.

Wie war das bei Ihnen? Wann haben Sie sich dazu entschieden, Profi-Musikerin zu werden?
Eigentlich schon so früh, dass ich mich gar nicht mehr daran erinnern kann! Als Kind hatte ich zwar auch den Traum Süßigkeitenverkäuferin oder Töpferin zu werden, aber schon mit drei Jahren wollte ich unbedingt Geige lernen. Meine Eltern, die selbst Profimusiker sind, haben mich dabei sehr gefördert, aber zum Glück auf eine sehr entspannte Art.
Wie hoch ist der Leistungsdruck für junge Musikerinnen und Musiker?
Es ist sehr schön, wenn man durch eine gute Ausbildung das Hobby zum Beruf machen kann. Aber tatsächlich gibt es einen hohen Leistungsdruck. Man muss bei Auftritten immer seine beste Leistung abrufen, egal wie man sich gerade fühlt. Immer wenn es stressig wird, versuche ich alles mit Humor zu nehmen – das funktioniert bei mir eigentlich immer ganz gut. Und wenn ich auf meiner Violine „Tullaye“ spiele – eine Geige von Stradivari aus dem Jahr 1669, die mir die L-Bank Baden-Württemberg als Leihgabe zur Verfügung stellt – bin ich dankbar, diesen sehr facettenreichen Beruf haben zu dürfen.
Interview: Ralf Laubscher / LA.MAG
Fotos: Sebastian Weindel