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„IN MANNHEIM KÖNNEN WIR GEMEINSAM MEHR BEWIRKEN“

Die Stadt Mannheim ist mit rund 8.000 Beschäftigten eine der größten Arbeitgeberinnen in der Metropolregion Rhein-Neckar. Die moderne Verwaltung der Stadt und das Recruiting innovativ in die Zukunft zu entwickeln – das ist eine der Aufgaben von Dr. Liane Schmitt, Leiterin des Fachbereichs Organisation und Personal. Wie man Talente und Führungskräfte findet, Potenziale erkennt und fördert, erklärt sie hier im Interview – und verrät, warum Mannheim für sie der ideale Ort zum Leben, Arbeiten und Zukunft machen ist.

 

 

Sie leben und arbeiten heute in Mannheim, aufgewachsen sind Sie im Odenwald. Wollen Sie uns ihre persönliche Geschichte verraten?

Aber gerne: Ich stamme aus dem hessischen Odenwald, aus Zotzenbach, um genau zu sein. Als Jugendliche hatte ich da schon ein spezielles Bild von Mannheim. In die Stadt fuhr man zum Einkaufen, oder wenn man zum Arzt musste – und mein Eindruck war immer: Wow – im Gegensatz zu Weinheim oder Heidelberg ist das ja eine richtige Großstadt! Dennoch bin ich erst mal mit meinen Eltern nach Heidelberg gezogen, habe dort Abitur gemacht und eine Lehre als Bankkauffrau absolviert.

Und dann sind Sie nach Mannheim umgezogen?

Nein, ich habe dann nebenberuflich Betriebswirtschaft in Karlsruhe studiert – um mich aber nach meinem Abschluss zu fragen, was hinter all den Geldflüssen steckt. Die Menschen haben mich mehr interessiert als die Zahlen, also habe ich beschlossen Psychologie zu studieren – und einen Studienplatz in Mannheim gefunden.

„Die Mannheimerinnen und Mannheimer sind extrem kommunikativ und direkt, hier können sich unterschiedlichste Menschen an einen Tisch setzen. Dieses vielfältige, offene und multikulturelle Miteinander ist genau mein Ding.“

Dr. Liane Schmitt

 

Wie hat sich Mannheim damals für Sie angefühlt?

Bei mir tatsächlich so wie in diesem Song des Mannheimer Musikers Chris Cosmo: „In Mannheim weint man zweimal: wenn man kommt und wenn man geht.“ Aber um es gleich klarzustellen: Das Weggehen aus Mannheim werde ich hoffentlich nicht mehr erleben, denn ich habe Mannheim wirklich lieben gelernt und zu meiner Heimat gewählt.

Was macht Mannheim zu einer liebenswerten Stadt?

Als ich damals in die Neckarstadt gezogen bin, habe ich mich zunächst gefragt: Wie kommt es, dass hier täglich so viele Menschen so gerne beim Café Adria am Alten Meßplatz quasi direkt an einer großen Kreuzung mit viel Autoverkehr sitzen? Da habe ich schnell den Unterschied gemerkt zu anderen Städten: Die Mannheimerinnen und Mannheimer sind extrem kommunikativ und direkt, hier können sich unterschiedlichste Menschen an einen Tisch setzen. Dieses vielfältige, offene und multikulturelle Miteinander ist genau mein Ding. Aus diesem Grund habe ich mich auch gleich in einer Nachbarschaftsinitiative engagiert und das Max-Joseph-Straßenfest mit organisiert – für ein friedliches Zusammenleben in Vielfalt und gegen Rassismus.

Gleichzeitig haben sie damals auch ihren ersten Job begonnen als Personalentwicklerin beim Energieunternehmen MVV. Kam Ihnen da Ihr Psychologie-Studium zugute?

Ja, klar, denn ich habe ja Psychologie studiert, um verstehen und gestalten zu können, wie Menschen in Organisationen arbeiten und kommunizieren. Dass ich schnell eine verantwortliche Aufgabe im Bereich Personal und Change-Management übernehmen konnte, hatte aber auch damit zu tun, dass ich bereits viel Erfahrung gesammelt hatte: unter anderem durch Praktika bei ABB und beim TÜV, gefolgt von einem Stipendium des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Thema Kompetenzentwicklung. Da konnte ich interdisziplinär arbeiten und erstmals sehen, was die Stadt Mannheim an Kompetenzen zu bieten hat: Und ich habe gemerkt: hey – das ist zukunftsträchtig!

 

Welche Kompetenzen meinen Sie?

Ich war damals überrascht und sehr beindruckt, wie außergewöhnlich kompetent hier in Sachen Organisationsentwicklung gearbeitet wird. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz hat damals gerade einen umfassenden Change-Prozess zur Modernisierung der Verwaltung gestartet – mit einem ehrgeizigen Ziel: In Mannheim die modernste Stadtverwaltung Deutschlands zu schaffen. Aus meinem Freundeskreis kam dann der Tipp, dass bei der Stadt eine interessante Stelle ausgeschrieben ist. Ich war gerade an einem Punkt, an dem ich mich fragte, wo ich einen wertvollen, aktiven Beitrag für die Gesellschaft leisten kann und habe mich sofort beworben. Tatsächlich bekam ich dann die Chance einzusteigen, als es konkret um die Verstetigung der ersten Erfolge ging.

Was genau waren damals Ihre Aufgaben?

Eine meiner ersten Aufgaben war es, die Dialogformate mit dem Oberbürgermeister, den Führungskräften und den Mitarbeitenden der Verwaltung zu moderieren. Das hat mir viel Spaß gemacht, und ich war von Anfang an begeistert, wie viele positive Kooperationen hier zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft entstehen – das finde ich heute immer noch ganz toll.

„Es gibt enorm viele Bereiche, in der Mannheim eine Vorreiterrolle einnimmt. Wir nehmen die Beteiligung an Stadtentwicklungsprozessen wirklich ernst! Es zeichnet eine moderne Stadtverwaltung aus, eben nicht zu glauben, man könne schon alles – sondern offen zu sein, Neues zu lernen.“

Dr. Liane Schmitt

Ist Mannheim heute die modernste Stadtverwaltung Deutschlands?

Über dieses Stadium sind wir fast schon hinaus! Es gibt enorm viele Bereiche, in der Mannheim heute eine Vorreiterrolle einnimmt. Dieser spezielle Mannheimer Weg hat zu zahlreichen Kooperationsprojekten geführt, die unmissverständlich klarmachen: Wir nehmen die Beteiligung von Bürger*innen an Stadtentwicklungsprozessen wirklich ernst! Es zeichnet eine moderne Stadtverwaltung aus, eben nicht zu glauben, man könne schon alles – sondern offen zu sein, Neues zu lernen. Wir suchen hier ständige neue Impulse, und erproben neue Methoden. Was ich sehr schön finde: In einer städtischen Kommune ist es ja noch mal anders als in Unternehmen. Man hilft sich gegenseitig, der Konkurrenzaspekt ist da nebensächlich, man lernt voneinander. Und man kann viel von Mannheim lernen!

Was war Ihre erste große Herausforderung in Mannheim?

Es ging mir zunächst darum, den Unterschied zwischen Verantwortung und Zuständigkeit zu verstehen. Oft geht es in einer Verwaltung ja zuerst um die Frage, wofür man zuständig ist – und dann erst um die Frage, wofür man Verantwortung übernimmt. Der Changeprozess hatte auch zum Ziel, eine gemeinsame Haltung zu finden, sich über Zuständigkeiten hinaus zu engagieren und Veränderungsbereitschaft zu fördern. Dieser Changeprozess wurde und wird mit den Mitarbeitern gemeinsam gestaltet. Veränderung von außen löst ja oft Ängste aus. Vor dem Change, den wir hier in Mannheim gestalten, muss man aber keine Angst haben. Wir kommunizieren transparent und zielgruppenorientiert – unter anderem mit neuen Methoden wie Design Thinking.

 

Wie funktioniert das in der Praxis?

In meinem Fachbereich habe ich Organisationsstrukturen geändert und da habe ich gelernt, wie kleinteilig man kommunizieren muss, aber wie unterschiedlich auch die Menschen sind. Es gibt Leute, die wollen gar nicht so viel wissen, deshalb muss man auf die individuellen Bedürfnisse achten. Gute Kommunikation bedeutet für mich: Man muss einfach das tun, was man sagt. Man muss Vorbild sein, man muss mit gutem Beispiel vorangehen, man muss sich die Zeit dafür nehmen – ansonsten funktioniert es nicht.

Was bedeutet gute Führung für Sie?

Für mich bedeutet das: Bei den Menschen sein, und nicht als Verhinderer die Ideen der Mitarbeitenden auszubremsen. Ich gestalte Führung im Sinne des Ermöglichens. Man muss den Menschen die Chance geben, in ihrer Kompetenz bleiben zu können. Sicher ein bisschen raus aus der Komfortzone, aber trotzdem in guter Stabilität: Ich würde das psychologische Sicherheit nennen. Und da ist noch ein wichtiger Punkt: Möchte ich dazu lernen oder nicht? Es ist aus meiner Sicht wichtig, an sich selbst den Anspruch zu haben, besser werden zu wollen.

Können Sie das an einem Beispiel aus der Verwaltung beschreiben?

Wir haben in der Stadtverwaltung gerade ein neues Instrument, das wir „Innovationsmotor“ nennen. Es ergänzt das etablierte Vorschlagswesen durch eine neue Methodik. Wir haben eine Ausschreibung gemacht und gefragt: Wer hat Lust mitzumachen und eine neue Design Thinking-Methode kennenzulernen – und: Wer hat Ideen, unsere Stadt nachhaltiger zu machen? Da haben sich viele Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung beworben und haben gemeinsam daran gearbeitet. In einem gemeinsamen Workshop wurden die Modelle und Ideen dem Oberbürgermeister vorgestellt.

„Wir haben in Mannheim eine bunte, vielfältige Stadt mit einer sehr spannenden Musik- Kultur- und Eventszene. Wir nutzen diese Pluspunkte ganz aktiv in unseren Vorstellungsgesprächen.“

Dr. Liane Schmitt

Welche Rolle spielt die Kommunikation?

Um es an einem Beispiel zu erklären: Wenn wir die Innenstadt neu denken und sagen: Wir wollen mehr autofreien Raum für Fußgänger und Fahrräder, dann muss das auch mit Kommunikationsprozessen einhergehen, denn wir haben nie die Situation, dass diese Idee alle sofort gut finden. „Gemeinsam mehr bewirken“ war unser Slogan im Change-Prozess, den wir jetzt in der Pandemie ganz anders zum Leben erwecken konnten. Da bekam der Begriff eine ganz andere Wucht.

Wenn sich junge Talente bei Ihnen bewerben: Was erzählen Sie im Bewerbungsgespräch über Mannheim?

Wenn jemand beispielsweise aus Hamburg zum ersten Mal zu uns kommt, zeigen wir, was man an genau diesem Tag noch alles in der Stadt machen könnte – damit stellen wir schnell einen emotionalen Link zur neuen Umgebung her. Wer zu uns nach Mannheim kommt, um Neues zu schaffen, merkt dann schnell: Wow, wir haben hier eine bunte, vielfältige Stadt mit einer sehr spannenden Musik- Kultur- und Eventszene. Wir nutzen diese Pluspunkte ganz aktiv in unseren Vorstellungsgesprächen.

Was gefällt Ihnen an Mannheim am besten?

Mannheim ist super, ich liebe die Mentalität der Menschen hier, sie sind stolz auf ihre Stadt. Das Image der Industriestadt ist immer noch vorhanden und Mannheim lebt von seinen Kontrasten. Ich persönlich mag diese Vielfalt von Industriekultur, Kreativkultur und Natur. Besonders liebe ich die Neckarspitze und die Friesenheimer Insel, wo früher das Restaurant Orderstation war. Das ist einer meiner Lieblingsplätze – genauso wie der Alte Meßplatz in der Neckarstadt, wo ich gerne am „Alter“ bin oder bei Veranstaltungen in der Alten Feuerwache oder im Capitol. Ich muss nicht unbedingt in den Wald fahren, um zu entspannen. Ich bin gerne in der Neckarstadt unterwegs und spaziere gerne am Neckarufer, darüber hinaus mag ich auch unsere tollen Parks.

 

Vermutlich wird in Vorstellungsgesprächen auch nach der Familienfreundlichkeit der Stadt gefragt?

Ja, und das ist genau der Punkt, wo wir ansetzen müssen. Da geht es nicht nur um die Frage, ob es einen garantierten Krippenplatz gibt. Da geht es auch um kreative Teilzeitmodelle, da geht es aber auch um Work-Life-Kompetenz. Ich nenne das bewusst nicht Life-Balance, denn es geht darum, wie ich in meiner individuellen Situation das Wechselspiel zwischen Familie und Beruf optimal gestalten kann. Wie es kürzlich ja auch das Interview hier bei Mannheim My Future mit der Mannheimer Kinderbeauftragten Birgit Schreiber gezeigt hat: Mannheim ist eine sehr engagierte Stadt. Und ganz wichtig: Zur Zeit entstehen auf den Konversionsflächen auch attraktive neue Wohngebiete für Familien, da haben wir als Stadt und Arbeitgeberin viel zu bieten.

Sie haben als Fachbereichsleiterin sehr viele Aufgaben. Wie steht es um ihre eigene Work-Life-Balance?

Ich habe in den letzten beiden Jahren zwei Jobs auf einmal gemacht: Einmal die Arbeit im Fachbereich, aber gleichzeitig auch das Personalmanagement für die Krisenbewältigung. Wenn man meine Familie fragen würde, würden meine Kinder und mein Mann verständnisvoll sagen: Ist ok, sie macht das alles ja für einen guten Zweck. Meine Familie sieht, was gerade alles passiert und wertschätzt meine Arbeit. Wichtig für die persönliche Balance ist es, dass man es gemeinsam trägt. Um mich fit zu halten, komme ich übrigens mit dem Fahrrad zur Arbeit, bei jedem Wetter. Ich beobachte auch, dass immer mehr Mannheimer*innen mit dem Fahrrad unterwegs sind. Da ist es natürlich toll, dass wir jetzt auf die neuen Fahrradstraßen verweisen können. Das sind Themen, die wir noch viel besser werblich nutzen können.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Stadt?

Ich stelle mir die Frage: Wie können wir von der Kunst lernen? Wie können wir Prozesse anders und neu gestalten, wenn man mal eine andere Perspektive einnimmt? Wie gestalten wir die Stadt neu? Wie gestalten wir die Stadt bürgernäher und mit den Bürger*innen zusammen? Wir verfolgen gerade ein neues Kooperations-Projekt, da sprechen wie mit Bürger*innen darüber, wie man mehr Zusammengehörigkeit schafft – gerade in heterogenen Stadtteilen.

Und wie schafft man diese Zusammengehörigkeit?

In bestimmten gesellschaftlichen Gruppen versteht man nicht unbedingt, was wir Expert*innen bei Veranstaltungen wie beispielsweise einem Urban Thinkers Campus diskutieren. Um so etwas auf eine verständliche Ebene herunterzubrechen, haben wir in der Neckarstadt-West kürzlich einen Workshop veranstaltet. Wir haben da ganz einfach eine Umfrage auf der Straße gemacht und gefragt: Wie wollt ihr diesen Quartiersplatz haben? Wie soll er gestaltet sein? Zu jeder Tageszeit wurden Interviews mit verschiedenen Communities und Nutzendengruppen wie Jugendlichen und Eltern geführt. Ich fand es toll, dass unser Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz sich die Zeit genommen hat, vor Ort dabei zu sein. Er hat sich das alles angehört – und das war wirklich wichtig. Das ist echte Bürgernähe. Das Signal war: Ich erzähle nicht allen, was ich für richtig halte, sondern: ich höre Euch zu, Eure Bedürfnisse sind mir wichtig! Ich selbst habe jeden Tag Momente, die meine Denkweise beeinflussen. Es gibt Rahmenbedingungen, die geben Orientierung. Aber innerhalb des Rahmens kreativ zu sein und zu optimieren – das ist die Kunst!

Interview: Ralf Laubscher / LA.MAG

Fotos: Alexander Münch