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Die Tourist Trap-Macher: Geschäftsführer Adrian Schurich (links) und Chefkoch Dennis Maier

TOURIST TRAP – ENTSPANNTES FINE DINING AN BORD

Kurz vor seinem hundertsten Geburtstag schafft das Museumsschiff am Mannheimer Neckarufer den Sprung in die Zukunft. Sternekoch Dennis Maier bietet im Bord-Restaurant Tourist Trap innovatives Casual Fine Dining. Hier verrät er zusammen mit Geschäftsführer Adrian Schurich, warum das keine Touristenfalle ist.

Kein Schnick-Schnack, keine steife Atmosphäre – dafür entspanntes Fine Dining auf dem Mannheimer Museumsschiff. Dennis, erklär doch mal bitte Euer „Tourist Trap“-Konzept.

Dennis: Abends, von Mittwoch bis Sonntag, bieten wir an Bord zwei Casual Fine Dining-Menüs an: Vegetarisch oder vegan oder „all in“ mit Fisch und Fleisch. Für alle, die einfach bei einem Drink und einer Kleinigkeit entspannen möchten, gibt es unsere Munchies-Karte: kleine Snacks, aber mit sehr hoher Qualität im Tapas-Stil, gerne auch zum Teilen. An den Wochenenden bieten wir außerdem Kaffee und hausgemachte Sweets – für einen perfekten Nachmittag mit Blick auf den Neckar. All das entsteht hier an Bord in einer Schiffs-Kombüse. Auf ganz kleinem Raum kreieren wir große Qualität.

„Tourist Trap“ also als genaues Gegenteil einer Touristenfalle?

Dennis: Die Idee für den Namen kam uns spontan und passt natürlich, weil das Museumsschiff schon immer ein Thema für Touristen war – aber selbst viele Mannheimer nicht so genau wussten, wie es sich hier an Bord anfühlt. Wir haben dann lange überlegt, ob unsere Gäste unseren Humor verstehen. Doch dann haben wie gesagt: komm, egal, machen wir einfach.

Bevor wir über das „Wir“ an Bord sprechen: Dennis, bist Du ein „echter“ Mannheimer?

Dennis: Ja, das bin ich – geboren 1982 in Mannheim-Neckarau und aufgewachsen in Mannheim-Gartenstadt.

Warum bist Du Koch geworden? Zufall oder Kindheitstraum?

Dennis: Ich war ein schlechter Schüler, aber schon in der 8. Klasse wusste ich nach einem Koch-Praktikum: Das ist mein Weg! Um schnell aus der Schule rauszukommen bin ich freiwillig auf die Hauptschule gewechselt und habe mich für eine Ausbildung in der Küche der ABB in Mannheim entschieden. Dank Stechkarte eine geregelte Sache – und ich war happy, gleichzeitig noch meine Jugend ausleben zu können.

War es damals schon Dein Plan, mal einen Michelin-Stern zu erkochen?

Dennis: Nein, nach der Ausbildung und Zivildienst in einem Heim für behinderte Erwachsene hatte ich noch keine Ahnung von Sterne-Gastronomie. Das hat sich geändert, als mich ein ehemaliger Klassenkamerad zum Mannheimer Restaurant Grissini holte und zum Sous-Chef machte. Kurze Zeit später bekam das Grissini den ersten Stern – und ich war um eine wichtige Erfahrung reicher.

Fine Dining ist sehr international. Bis Du deshalb so früh ins Ausland gewechselt?

Dennis: Ja, ich wollte mein Spektrum erweitern. Viel Neues konnte ich im Port Petit lernen, einem Fine Dining-Restaurant in Cala d‘Or auf Mallorca, direkt am Yachthafen. Acht Monate später war ich aber schon wieder zurück in Deutschland und Chef de Partie im Ketschauer Hof in Deidesheim. Fünf Jahre lang war ich dort im Restaurant Freundstück aktiv, heute bekannt als 2-Sterne-Adresse L.A.Jordan.

Entspannt: Sternekoch Dennis Maier

In Deidesheim soll es zu einer Begegnung gekommen sein, die Dein Leben verändert hat.

Dennis: Das stimmt, denn bei einer Küchenparty habe ich Sternekoch Juan Amador kennengelernt – kurz bevor in der Mannheimer Schildkrötfabrik sein Mannheimer Restaurant Amesa eröffnet hat. Da habe ich gesagt: Okay, jetzt gebe mir den Riss, in ein 3-Sterne-Restaurant einzusteigen. Ich bin ein ganzes Jahr geblieben – und habe wieder viel gelernt.

Und das hat schon auch wieder die nächste Tür geöffnet?

Dennis: Ja, weil Juan Amador mich fragte, ob ich in seinem neuen Frankfurter Restaurant Küchenchef werden will. Das war 2014 – und im gleichen Jahr habe ich im Sra Bua im Hotel Kempinski meinen ersten eigenen Michelin-Stern erkocht.

Mallorca, Deidesheim, Frankfurt … Warum bist du dann wieder nach Mannheim zurückgekehrt?

Dennis: Nach zwei Jahren in Frankfurt hatte ich Heimweh nach Mannheim. 2016 entstand mit dem Quartier Q6Q7 gerade ein spannendes Projekt in den Quadraten. Ich bekam die Gelegenheit, mit Emma Wolf dort ein Fine Dining-Bistro-Konzept zu realisieren. Das war eine sehr prägende Zeit, denn ich konnte eine Restaurant-Marke von Grund auf aufbauen. Nach einem Jahr bekamen wie den Stern, und damit waren wir in Deutschland Pioniere – als erstes Sternerestaurant in einer Shopping-Mall. Dass wir dann corona-bedingt schließen mussten, war extrem schade. Emma Wolf – benannt übrigens nach meiner Großmutter – war unique und hat viel Spaß gemacht.

Während der Corona-Zeit warst Du viel auf Social Media aktiv – und zuvor hattest Du auch schon den Podcast „Kau & Schluck“ gestartet…

Dennis: Ja, zusammen mit meinen Kollegen Chris Nanoo und Daniel Stenger habe ich dann den „Kau & Schluck“-Podcast für Foodies und Lifestyle-Liebhaber gestartet. Später habe ich den Podcast mit Paul Sieferle produziert, einem anderen Mannheimer, der hier die Gastro-Szene prägt – unter anderem mit seinen Bars Hagestolz und Odeon. Für mich war das aber nur ein erster Einstieg in die Social Media-Welt.

Weil Du dann mit der Food-Influencerin Saliha Özcan gearbeitet hast, der Macherin von Sallys Welt?

Dennis: Ich kannte Sallys Welt damals noch nicht und wurde gefragt, ob ich Lust hätte, da mitzumachen. Ich habe mir Sallys Videos angesehen und gedacht: Hey, das passt! Ich habe dann für sie Rezepte geschrieben und Ideen geliefert – und hatte noch genügend Zeit für Formate wie Lost Chefs bei Joyn: Da bin ich mit anderen Profiköchen und Food-Influencern an einen Strand in Kenia verfrachtet worden, und wir mussten mit nur einem Topf und einem Messer dort um den Sieg kämpfen. War stressig, aber auch lustig.

„Das hier zu machen, bedeutet für mich auch, an Mannheim zu glauben.“

Adrian Schurich

Entspannt: Geschäftsführer Adrian Schurich

Adrian, hast Du Dennis durch Social Media kennengelernt, oder kanntet Ihr Euch als „alte“ Mannheimer schon früher?

Adrian: Inzwischen wissen wir, dass wir in Mannheim-Neckarau tatsächlich im selben Krankenhaus geboren sind – aber tatsächlich kannten wir uns nicht. Nein, ich bin Dennis auf Instagram gefolgt und habe dann gesehen, dass er offen ist für ein neues Projekt.

Dennis, heißt das: Als Koch bewirbt man sich nicht wie früher, sondern das eigene Social Media-Profil ist die Bewerbung?

Dennis: Genau, ich habe einfach mal auf Instagram gepostet, dass ich auf dem Markt verfügbar bin. Ich wollte einfach mal schauen, wer sich meldet. Dann sind viele Leute auf mich zugekommen – und auch Adrian, der mit seinem Geschäftspartner Niko Stoll gerade das Museumsschiff an der Kurpfalzbrücke gepachtet hatte.

Wie findet Ihr Euer Personal?

Adrian: Ich weiß nicht, wer sich noch klassische Stellenanzeigen durchliest. Dennis hat nur einen Post bei Instagram gemacht, dann war das Team auch schon komplett. Da stimmt einfach das Netzwerk. Du musst heute auf Social Media sichtbar sein, um gesehen und gehört zu werden und die Leute zu erreichen, die Du erreichen willst.

Adrian, ist „Tourist Trap“ Dein erstes Gastro-Projekt?

Adrian: Nein, ich hatte schon mal ein Restaurant – die Silberpappel in Neckarau. Mit meinem Geschäftspartner Niko, der Schreinermeister ist, habe ich erst kürzlich auch eine Bar im Jungbusch eröffnet. Eine Schnapsidee, die aber viel Spaß macht. Wir sind seit 25 Jahren befreundet, arbeiten gut zusammen und hatten nun Lust, das hier auf dem Schiff zu starten.

Adrian, wie hast Du es geschafft, Dennis für Dein Schiffsprojekt zu gewinnen?

Adrian: Ich hatte von Dennis nur Positives gehört, also habe ich gedacht: Gehen wir einen Kaffee trinken und schauen mal. Im Winter haben wir uns dann hier auf dem Schiff getroffen, da waren wir noch mitten im Umbau. Ich habe Dennis von meiner Vision erzählt. Wir wollten hier ja eigentlich so was Deli-mäßiges machen – nur mit Sandwiches, Salat und so. Doch dann hat Dennis von seiner Munchies-Idee erzählt und wir haben begonnen herumzuspinnen. Es hat sofort gematcht, und jetzt ist Dennis bei uns als Küchenchef angestellt, aber auch als Social Media-Manager. Eine super Kombi.

„Die Neckarwiese und die Alte Feuerwache gegenüber, der Blick auf den Architektur-Brutalismus der Neckaruferbebauung und das Collini-Center. Diese Kontraste spiegeln Mannheim einfach supergut wieder: Die Stadt am Fluss! Ich finde es geil, hier ein Mannheimer Wahrzeichen für die Zukunft zu bespielen.“

Adrian Schurich

Wie fühlt es sich an, ein Schiffsrestaurant zu betreiben?

Adrian: Jeder in der Stadt kennt dieses Schiff an der Kurpfalzbrücke, aber die wenigsten waren schon mal an Bord – und das ändern wir gerade. Denn wer mal hier war, fühlt dieses superentspannte Urlaubsflair am Wasser, mit diesem coolen urbanen Mix: Die Neckarwiese und das Kulturzentrum Alte Feuerwache gegenüber, dazu der Blick auf den Architektur-Brutalismus der Neckaruferbebauung und das Collini-Center. Diese Kontraste spiegeln Mannheim einfach supergut wieder: Die Stadt am Fluss! Und ich finde es geil, hier ein Mannheimer Wahrzeichen für die Zukunft zu bespielen.

Dennis wie fühlt sich die Arbeit auf dem Schiff für Dich an?

Dennis: Ich habe sofort das Potenzial gesehen, hier was Außergewöhnliches machen zu können – wie schon damals mit Emma Wolf. Es hat auch etwas Magisches, vielleicht weil meine Mutter hier nebenan im MVV-Gebäude gearbeitet hat, daher kenne ich das Schiff schon aus frühen Kindertagen. Obwohl ich es nie besucht habe, hat es mich fasziniert – und jetzt umso mehr! Praktisch ist es natürlich auch: Ich wohne in den Quadraten und in ein paar Minuten zu Fuß bin ich hier.

Es hat sicher Mut gebraucht, das Schiff umzubauen?

Adrian: Es war ein ganz schöner Ritt, hier alles frisch zu machen, denn hier war über zwei Jahrzehnte lang Eiche rustikal angesagt. Ich kannte das Schiff, denn mein Vater war hier früher ehrenamtlich mit dem Polizeiboot unterwegs. Ich habe dann auch den Bootsführerschein gemacht, das war so ein Vater-Sohn-Hobby. Umso spannender fand ich die Chance, hier was Neues zu machen.

Und auch ein Risiko einzugehen?

Adrian: Es ist immer ein Risiko, nicht mit dem Strom zu schwimmen und etwas neu und mal anders machen. Wir haben keine fremden Investoren. Wir sind ein Zwei-Mann-Startup ohne irgendwelche Fördergelder. Wenn wir das hier zusammen machen und alle Bock haben, kann das sehr geil werden. Das hier zu machen, bedeutet für mich auch, an Mannheim zu glauben.

Adrian, Du hast zuletzt in München gelebt und gearbeitet. Warum bist du nach Mannheim zurückgekehrt?

Adrian: Ich habe in München vier Jahre lang als Veranstaltungskaufmann in einer Agentur für Eventproduktion gearbeitet. Nach Mannheim bin ich zurückgekommen, weil ich von hier bin, weil das hier meine Base ist. Meine Freunde sind hier. Meine Familie ist hier. Und Mannheim hat genau die perfekte Größe.

Gastronomie ist oft stressig. Wie steht‘s um Eure Work-Life-Balance?

Adrian: Eine gute Work-Life-Balance ist uns sehr wichtig. Deshalb haben wir Dennis von Anfang an gesagt: Wir suchen Dir einen Sous-Chef, der Dich hier geil unterstützt, dann hast Du genügend Freiraum. Den haben wir dann dank Social Media auch schnell gefunden und dazu noch drei weitere ausgebildete Köche.

Dennis: Im Augenblick bin ich noch sehr aktiv in der Küche, wobei es der Plan ist, mich wieder mehr rauszunehmen, weil ich Zeit haben will, um Content für Social Media zu produzieren. Ansonsten passt die Balance sehr gut. Ich habe genug Freiraum, um Zeit mit meiner Frau und meiner Tochter zu verbringen.

Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft?

Dennis: Wir sind hier sehr gut gestartet, haben super Resonanz – auch von vielen früheren Emma Wolf-Fans. Und ich denke, dass sich unsere Qualität immer weiter herumsprechen wird.

Adrian: Zukünftig schlagen wir auf dem Schiff eine Brücke zwischen Fine Dining im „Tourist Trap“-Restaurant und Event-Gastronomie auf dem hinteren Ober-Deck. Uns gefällt, dass unsere Gäste aufmerksam, gespannt und offen für Neues sind, genau wie wir – und so soll es bleiben!

Mehr Infos: https://the-tourist-trap.de

Interview. Ralf Laubscher / LA.MAG

Fotos: Sebastian Weindel